23. September 2021

In der Regel ist Modulares Bauen heute 10 % – 20 % teurer als mit konventionellen Bauverfahren. Problem sind nicht die Kosten für die Gebäudehülle und den Innenausbau, an denen Modulares Bauen häufig ansetzt, sondern der steigende Grad der Haustechnik, sowie deren handwerkliche und kostenintensive Montage auf der Baustelle. Verglichen mit den durchschnittlichen Baukosten, sind die Kosten bei gebäudetechnischen Anlagen nahezu doppelt so stark gestiegen und weisen gegenwärtig nur einen geringen Vorfertigungsgradauf. Gegenwärtig fehlen auf der Anbieterseite eine technologische Konvergenz bei Lösungen von modularen TGA-Verbundsystemen und auf der Nachfrageseite Konsens und Akzeptanz hinsichtlich der Vorteile und Potenziale der Modularisierung. Im Folgenden soll aufgezeigt werden welche Potenziale TGA-Verbundsysteme haben und was dem Erfolg dieser noch im Weg steht.

Kosten_Grafik-555x281 Chancen und Hemmnisse modularer TGA-Verbundsysteme

Chancen und Hemmnisse

✔️ Je nach Bauwerk gehören Bauteile der TGA mit ca. 60 – 250 Tsd. Bauteilen zum komplexesten Gewerk im Bauablauf. Modulare TGA-Verbundsysteme könnten durch Vorfertigung die Koordinationskosten auf der Baustelle deutlich senken, zur Verkürzung der Bauzeit und Erhöhung des Arbeitsschutzes beitragen, sowie bedingt durch den Arbeitskräftefachmangel, steigenden Montagekosten entgegenwirken.

✔️ Nachhaltigkeitsfonds im Immobilienbereich werden die klassische Bewertung nach dem magischen Dreieck um Nachhaltigkeitskriterien erweitern. Bei einer transparenten Darlegung von positiven Umweltauswirkungen bspw. über Kriterienkataloge von Nachhaltigkeitszertifikaten, werden Anreize für TGA-Verbundsysteme und allgemein für Modulares Bauen steigen.

✔️ Oftmals wird unter dem Begriff Modularisierung eine volumetrische, Container-basierte Umsetzung („Schachtelbauweise“) verstanden. Modulare TGA-Verbundsysteme treffen hingegen auf eine hohe Akzeptanz und stehen nicht in Bezug mit den Imageproblemen des modularen Hochbaus.

✔️ Innovationspartnerschaften zwischen Anbietern aus dem Hochbau und technischen Anlagen könnten die Anlaufkosten für die Integration von TGA-Verbundsystemen deutlich senken. Dies könnte zu Kostenvorteilen führen und ersehnte Skaleneffekte auslösen.

Neben den oben genannten Chancen bestehen leider auch noch einige Hemmnisse, die den Erfolg von modularen TGA-Verbundsystemen bremsen.

⚠️ Modulare TGA-Verbundsysteme setzen eine vereinheitlichte Planungsgrundlagevoraus. In Deutschland haben 16 Bundesländer jeweils unterschiedliche Bauordnungen mit eigenen Auflagen bspw. im Hinblick auf den Brandschutz und die Abnahme technischer Anlagen.

⚠️ Der Einsatz von vorgefertigten TGA-Verbundsystemen kann nicht ohne Weiteres im Nachhinein erfolgen, sondern muss bereits in den Ausschreibungsunterlagen berücksichtigt werden. Gegenwärtig fehlen Vorlagen und Prozeduren für Ausschreibungsunterlagen, Festlegung auf Systeme seitens der Hersteller und damit auch Vergleichbarkeit und Kostentransparenz im Markt.

⚠️ Die Umstellung vom Komponentenhersteller zum Systemanbieter erfordert fortschrittliche Produktionsabläufe, die jedoch mit hohen Kosten verbunden sind. Diese Anlaufkosten scheuen Produkthersteller gegenwärtig aufgrund der – trotz Pandemie – guten Konjunkturlage und somit geringem Innovationsdruck.

⚠️ Geltende Rahmenwerke (Bauverträge, Baupraktiken, Vergabeverfahren) streben eine klare Zuordnung von Haftungsrisiken an, die eine gewerkeübergreifende und systemische Denkweise hemmen und die Zergliederung von Verantwortlichkeiten, Kompetenzen und Disziplinen fördern.

Ende des Nischen-Daseins naht

Auch wenn vereinzelte Hersteller und Zulieferer bereits erste Lösungen adressieren, befindet sich der Markt bei modularen TGA-Verbundsystemen noch in der Findungsphase. Im Bereich der technischen Gebäudeausrüstung (TGA) scheuen viele Anbietern noch die Komplexität und folglich auch eine gewerkeübergreifende Systembauweise, weswegen modulare TGA-Verbundsysteme zwar ein aufstrebendes – gegenwärtig jedoch noch ein Nischen-Dasein hegen.

Die ganze Veröffentlichung des BIM Centers Aachen gibt es hier „Modular. Digital. Integriert. Vorgefertigt.“.